„Heimatrecht“: Eine modelltheoretische Rekonstruktion des internationalprivatrechtlichen Personalstatuts
Wie stellt das Kollisionsrecht Heimaten dar; welche Prinzipien, Modelle und Ideale werden dabei als handlungsleitend empfunden?
Projektbeschreibung
Rechtliche Heimatdarstellungen legen ein beredtes Zeugnis davon ab, dass Heimat Grundlage und Gegenstand gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse sein kann. Im Internationalen Privatrecht oder Kollisionsrecht, das im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr privater Personen das anwendbare Recht bestimmt finden sich diese Heimatdarstellungen vor allem in den persönlichen Anknüpfungspunkten Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt. In den normgebenden Prozessen wird dabei ein ständiges Bekenntnis zu sozialethischen Prinzipien und Narrativen der gleichberechtigten Zugehörigkeit betont.
Das Teilprojekt untersucht den dabei deutlich werdenden Bruch zwischen Realität und Utopie und mit ihm den Widerspruch zwischen Rechtsanwendung und seinen normativen Leitbildern anhand von Heimatdarstellungen in der Gesetzgebung und Praxis des grenzüberschreitenden Rechtsverkehrs. Den Arbeitsgegenstand des Teilprojekts bildet eine besonders konfliktive Dimension von Heimat(en) im „Personalstatut“. Der Konflikt ist mehrdimensional. Er entsteht, erstens, aus der Divergenz zwischen dem normativen Ideal der Fremdrechtsanwendung („Achtung vor dem Fremden“) und der Realität der Fremdrechtsanwendung, die sich immer häufiger auf den Wert des Eigenen besinnt. Zweitens zeigt sich ein Widerspruch zwischen der Selbstbeschreibung des Internationalen Privatrechts als „neutraler Allokationsordnung“ und dessen integrations- aber auch gesellschaftspolitischer Funktion.
Der dogmatisch arbeitenden Wissenschaft des Internationalen Privatrechts fehlen Mechanismen zur Identifikation und Auflösung dieser Spannung. Das Teilprojekt will dem abhelfen. Es wird, erstens, auf Grundlage modelltheoretischer Annahmen die Heimat(en)dimension der persönlichen Anknüpfungspunkte Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt offenlegen. Zweitens wird es mithilfe sozialphilosophischer und ‑ethischer Zugänge Lösungsoptionen für die Ambivalenzen internationalprivatrechtlicher Grundannahmen im gegenwärtigen rechtsdogmatischen und rechtspolitischen Diskurs entwickeln.