Jerusalem, der ferne Ursprung: Heimatvorstellungen palästinischer Orden des Mittelalters
Auf welche Weisen wurden latein-christliche Vorstellungen einer „Heimat Jerusalem“ durch kirchliche Einrichtungen dynamisiert, die im Mittelalter dort entstanden?
Projektbeschreibung
Ziel des Teilprojekts ist eine vergleichende Analyse textlicher, performativer und materialer Heimatmodelle, die christliche Orden im Mittelalter entwickelten. Die Untersuchung soll aufzeigen, mit welchen Mitteln und mit welchem Erfolg eine historisch außerordentlich bedeutsame, aber abstrakte Vorstellung einer „fernen Heimat“ ‒ Jerusalem ‒ in Modelle übertragen wurde, die der Bewältigung konkreter Lebenswelten dienten. Im Fokus des Teilprojekts stehen vier geistliche Orden und Verbände, die im 12. und 13. Jahrhundert in den sogenannten Kreuzfahrerstaaten der Levante entstanden, und ihr Verhältnis zu Jerusalem, dem wirkmächtigsten aller Heimatmodelle. Damit wird der Blick auf reziproke Dynamiken zwischen einer imaginierten und einer faktischen Heimat gelenkt. Denn die palästinischen Institutionen griffen ältere Vorstellungen einer „Heimat Jerusalem“ auf und passten sie veränderten Zeitumständen, eigenen Bedürfnissen und den zeitgenössischen Erwartungen der Gläubigen an. Das Teilprojekt wird von der transepochalen und transregionalen Komparatistik eines SFBs profitieren, in dem Konzepte eines Heiligen Landes und die Wirkmacht des Heimatsmodells Jerusalem eine herausgehobene Rolle spielen, ebenso von theoretischen Impulsen aus beteiligten Fachdisziplinen. Es wird seinerseits die gemeinsame Forschung durch einen wenig analysierten Archetypus ergänzen: denjenigen kanonisierter, fernräumlicher Heimatsvorstellungen und deren Anpassung durch Institutionen aus ebenjener entlegenen Heimat. Praktiken und Darstellungen mittelalterlicher Jerusalemvorstellungen werden in dem Teilprojekt untersucht. Vor allem aber steht das Heimatmodell Jerusalem als überzeitliches und transkulturelles Phänomen im Zentrum des Interesses.